VPK-Positionierung "Kinderrechte in das Grundgesetz"

Kinderrechte in das Grundgesetz | VPK-Positionierung
Sicherstellung von Kinderrechten ist wesentliche gesellschaftliche Aufgabe

Präambel
Seit vielen Jahren gilt in Deutschland die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Mit ihrer Ratifizierung im Jahr 1992 hat sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet, die Rechte von Kindern zu achten, zu schützen und zu fördern. Zudem gilt die Vereinbarung, dass das Kindeswohl bei allen staatlichen Entscheidungen, die Kinder betreffen, als "vorrangiger Gesichtspunkt" berücksichtigt wird.

Unabhängig von diesen allgemein anerkannten und nicht in Frage gestellten Grundsätzen wird auf politischer Ebene in Deutschland seit langem darüber diskutiert, ob Kinderrechte explizit im Grundgesetz verankert werden sollen oder nicht. Diese Diskussion findet ihren Niederschlag im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD aus dem Jahr 2018, der die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz vorsieht.

Haltung des VPK
Der VPK als Dachverband privater Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe misst einer umfangreichen Sicherstellung von Kinderrechten in Deutschland  eine hohe Bedeutung bei. Der Verband teilt hingegen nicht die Auffassung, dass hinsichtlich der Erreichung dieses Ziels derzeit eine verfassungsrechtliche Schutzlücke im Grundgesetz besteht, die es durch eine Verankerung von Kinderrechten zu schließen gälte. Kinder sind bereits eindeutig Träger von Grundrechten, über deren Erfüllung die staatliche Gemeinschaft wacht. Insoweit entbehrt eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz einer für sie notwendigen inneren Logik und trüge nicht zu ihrer Optimierung bei. Sie wäre vielmehr eher symbolischer Natur und würde nicht zu einer Stärkung des materiellen Rechts junger Menschen führen.

Somit ist eine grundgesetzliche Ausgestaltung der Norm aus Sicht des VPK weder notwendig noch in der Sache der Kinderrechte zielführend, denn bereits nach derzeitigem Recht sind Kinderrechte in Deutschland ausdrücklich gesichert. Insoweit fehlt es nach Auffassung des VPK an schlüssigen und der Sache dienlichen Argumenten, die eine diesbezügliche Änderung des Grundgesetzes rechtfertigen würden.

Deutlich wichtiger im Interesse der Sicherung von Kinderrechten ist nach Überzeugung des VPK hingegen die konsequente Umsetzung und gesamtgesellschaftlich wirkende Ausgestaltung und Umsetzung von einfachgesetzlichen Regelungen zur Sicherstellung des Kinderschutzes wie auch von Kinderrechten, die den Kindern und Jugendlichen tatsächlich zugutekommen und Raum für eine bessere Ausgestaltung lassen.

Entscheidend für die Sicherstellung und Durchsetzbarkeit von Kinderrechten ist die tatsächliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für ein sicheres Aufwachsen von Kindern vor Ort. Hier besteht nach wie vor ein erheblicher Reformbedarf dahingehend, dass strukturelle Voraussetzungen auch tatsächlich geschaffen und soziale Räume sowie vor Ort gegebene Bedingungen von Familien mit Kindern förderlich gestaltet werden. Dies würde nicht zuletzt auch einer zunehmend um sich greifenden Kinderarmut flächendeckend entgegenwirken.

In diesem Sinne wäre es zielführend, die nicht mehr zeitgemäßen föderalen Finanzstrukturen von Bund, Ländern und Gemeinden unter dem Gesichtspunkt der „Sicherung von Kinderrechten“ kritisch zu überprüfen, damit zukünftig zur Erreichung dieses Zieles in allen kommunalen Gebietskörperschaften die dafür erforderlichen  Finanzausstattungen auch tatsächlich vorliegen und ihre Wirkung entfalten können.

Dazu hält der VPK eine partei- und länderübergreifende Neuausrichtung der föderalen Finanzstrukturen für unumgänglich. Erst hierdurch werden die Interessen von Kindern und ihren Familien tatsächlich unterstützt und Kinderrechte am besten gefördert. Eine proklamatorische Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz erreicht dieses Ziel hingegen nicht.

Die Sicherstellung von Kinderrechten und die Implementierung überzeugender Maßnahmen zum Kinderschutz in Deutschland sind und bleiben eine zentrale, langfristige und herausfordernde gesellschaftspolitische Aufgabe. Sie zu erfüllen obliegt allen freiheitlich-demokratisch denkenden und handelnden Kräften in Deutschland.

Nach Auffassung des VPK wird diese Aufgabe am ehesten erfüllt, wenn das hierfür notwendige Bewusstsein in der Gesellschaft konsequent weiter geschärft, eine entsprechende Aufmerksamkeit gefördert, Gesetzeslücken geschlossen und Defizite im Vollzug von bestehenden gesetzlichen Vorschriften wirksam entgegengewirkt wird.

VPK-Bundesverband e.V.
Berlin, im Juli 2020