Seit Jahren hat der VPK das Thema „Rechtliche Gleichstellung aller Träger in der Kinder- und Jugendhilfe“ auf seiner Agenda. Gemäß der Hoffnung „steter Tropfen höhlt den Stein“ wird der Verband nicht müde, immer und immer wieder zu betonen, dass die rechtliche Gleichstellung überfällig und hinsichtlich der weiteren gesellschaftspolitischen Notwendigkeiten mehr als notwendig ist. Der Verband hört nicht auf dabei zu betonen, dass privat-wirtschaftliche Trägerschaft viel mit Qualität und Nachhaltigkeit, mit persönlichem Engagement, mit Leidenschaft und Überzeugung in der Sache zu tun hat. Diese Form der Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe hat nichts, aber auch gar nichts zu tun mit kurzfristigem Shareholder-Value-Denken – sie hat aber viel zu tun mit eigenen Überzeugungen aus persönlichen Biographien und/oder gemachten Erfahrungen. In diesem Sinne übernimmt ein privat-wirtschaftliches Unternehmen in der Kinder- und Jugendhilfe soziale (Mit-)Verantwortung. Irrigerweise wird immer noch suggestiv in großen gesellschaftlichen Gruppen davon ausgegangen, dass dies lediglich gemeinnützige Träger tun.
Formen von sozialer und im eigentlichen Wortsinn „gemeinnütziger“ Tätigkeit lassen sich nachweislich dabei auch mit wirtschaftlichem Erfolg vereinbaren, wenn sie Qualität orientiert an den Bedürfnissen von Eltern und ihren Kindern wie auch am Bedarf der öffentlichen Träger sicherstellt. Tendenziell sind hier privat-wirtschaftliche Träger gegenüber gemeinnützigen Anbietern aus ihrer strukturellen Verfasstheit deutlich überlegen.
Demnach könnte man annehmen, dass in einer sozialen Marktwirtschaft diese Voraussetzungen allgemein anerkannt würden – also auch in der Kinder- und Jugendhilfe - aber – weit gefehlt: Privat-wirtschaftliche Leistungsanbieter werden weiterhin wissentlich durch den Gesetzgeber auf Bundes- wie auf Länderebene systematisch gegenüber privat-gemeinnützigen Trägern benachteiligt. Dieser Umstand führt nicht nur zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den unterschiedlichen Anbietern, sondern zu allem Überfluss auch noch zu fehlenden Leistungsanreizen und einem nicht gegebenen Preiswettbewerb um die besten Leistungsangebote für Kinder und Jugendliche. Stattdessen wird lieber immer wieder stakkatohaft lamentiert, dass die Kinder- und Jugendhilfe zu viel Geld benötigen und zu wenig überprüfbar sei – dabei wissen nicht nur Eingeweihte: Es gibt hinlänglich vorliegende Instrumentarien zur Überprüfung der Wirksamkeit, der Wirtschaftlichkeit und auch der Leistungsfähigkeit. Weiterhin fehlen aber die Voraussetzungen zur effizienten Umsetzung dieser Systeme.
Der VPK redet übrigens nicht der in Deutschland weit verbreiteten Subventionitis das Wort – im Gegenteil. Nur, wenn es schon in vielerlei Bereichen üppige Subventionen gibt, mit denen beispielsweise ganze Organisationen künstlich am Leben gehalten werden, dann ist es doch nur recht und billig, wenn diese Voraussetzungen für alle gelten und nicht nur für historisch Privilegierte.
Privat-wirtschaftliche Träger und somit der VPK hätten nichts dagegen, wenn Subventionen in den mit Rechtsansprüchen verknüpften Leistungsbereichen der Sozialgesetzbücher gänzlich abgeschafft würden. Der VPK hätte nichts dagegen, wenn staatliche Zuschüsse insgesamt auf Sicht gänzlich abgebaut würden. Das würde den Staat nicht nur jede Menge Steuergelder ersparen, sondern in Teilbereichen zusätzlich neue Steuern in die Kassen spülen.
Wenn sich allerdings „Staat“ für die Form der Zuschüsse in Form von Sozialsubventionen entschieden hat, dann haben diese allen Marktteilnehmern auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe offen zu stehen. Sonst entstehen genau die nachteilig wirkenden Wettbewerbsverzerrungen, die nicht leistungsgerecht, nicht qualitätsfördernd, nicht den spezifischen Bedarfen von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern gerecht werden und somit auch nicht zielführend sind.
Dies zeigt sich aktuell besonders gravierend und nachhaltig im Bereich der Kindertagesbetreuung: Am Bedarf der Eltern und ihren Kindern orientierte dynamisch engagierte privat-wirtschaftliche Dienstleistungsanbieter werden in einer Reihe von Bundesländern ausgebremst, weil sie nicht wie ihre Mitwettbewerber aus dem Bereich der gemeinnützigen Anbieter aus öffentlichen Kassen (Steuermittel) gefördert werden. Dies führt dazu, dass gemeinnützige Träger ihre Leistungen am Markt sehr viel preiswerter anbieten können. Privat-wirtschaftliche Anbieter müssen sich folglich eher auf die Elternkunden konzentrieren, die bereit und auch in der Lage sind, sehr viel mehr Geld für allerdings auch sehr viel flexiblere und kindgerechtere Angebote auszugeben.
Der Gipfel von Unverschämtheit ist es allerdings, wenn diesen Anbietern dann auch noch der Vorwurf gemacht wird, sie würden sich lediglich die Rosinen in diesem Arbeitsfeld herauspicken. Das wollen sie nicht, sondern sie müssen es aus rein wirtschaftlichen Gründen, weil eben die anderen Anbieter aus dem Bereich der Gemeinnützigkeit ihre Leistungen (subventioniert) deutlich preiswerter anbieten können. Dieses fehlerbehaftete System eliminiert gute kind- und elterngerechte Angebote zum Nachteil von Kindern und ihren Eltern.
Erschreckend ist, dass zumindest weitgehend den politischen Entscheidungsträgern in Bund, Ländern und Gemeinden dieser gravierende Mangel und die daraus resultierenden Defizite dieses Systems hinlänglich bekannt sind – dennoch passiert auf Bundes- wie auch Länderebene in der Sache so gut wie gar nichts. Ein Schalk, der glauben könnte, dass diese Untätigkeit etwas mit der Verwobenheit der öffentlicher Hand und der Wohlfahrt zu tun haben könnte?
Kurz gesagt: Das System in der Kinder- und Jugendhilfe muss dringend renoviert und an aktuelle gesellschaftspolitische Notwendigkeiten angepasst werden. Das Dumme nur, dass derzeit kaum oder wenige politisch verantwortliche Kräfte in der Republik auszumachen sind, die dieses Mammutprojekt aufgreifen und stemmen könnten. Da ist es doch viel attraktiver, den Menschen weiterhin zum Munde zu reden, ihnen viel zu versprechen und so zu tun, als habe das System eine Ewigdaseinsberechtigung – nein, hat es nicht! Und dies nicht aus politischen (oder schlimmer noch) ideologischen Gründen, sondern aus sachlichen Erwägungen heraus, die aus gesellschaftlichen Veränderungslinien und daraus abzuleitenden Konsequenzen resultieren. Diese Veränderungsnotwendigkeit aufzuzeigen, sie zu aktivieren und wo notwendig neu zu erfinden, das ist Aufgabe von verantwortlicher Politik für Menschen in diesem Land – quo vadis Politik?